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„Es geht um Next-Level-Medizin“

(Foto: WMG)

Deutschlands Gesundheitssystem ist schwerfällig. Wie es smarter gehen könnte, zeigt eine Klinik in Thüringen. Fresenius-Vorstand Robert Möller fordert auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel derweil Innovationen in der Medizin.

Es ist eines der Dauerthemen in Deutschlands Gesundheitssektor und eines, das oft als Beispiel dafür herhalten darf, dass es in der Bundesrepublik mit der Digitalisierung noch eine recht hakelige Angelegenheit ist: die elektronische Patientenakte (ePA). Seit 2021 gibt es sie, aber nicht einmal zwei Prozent der Versicherten nutzen sie, wie Zahlen der Kranklenkassen zeigen. Ab 2025 soll sich das zwar ändern, wenn alle Versicherten automatisch die digitale Patientenakte bekommen, es sei denn sie legen Widerspruch ein. Doch auch dagegen regt sich Widerspruch von Daten- und Patientenschützern. Für David-Ruben Thies, Geschäftsführer der Waldkliniken Eisenberg, ist klar: „In das Thema wurden deutschlandweit 19,5 Milliarden Euro versenkt.“

Thies kann das sagen. Sein Krankenhaus ist nicht nur hochspezialisiert in der Orthopädie, sondern seit 2019 auch hochspezialisiert in Sachen elektronischer Patientenakte. Das Thüringer Universitätsklinikum hat vor fünf Jahren kurzerhand ein eigenes digitales Patientenportal geschaffen. Es nutzt dazu die Plattform des US-Anbieters Salesforce. „Neun Monate haben wir dafür gebraucht“, erzählte Thies auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel der Weimer Media Group am Tegernsee. Kostenpunkt: 1,2 Millionen Euro. Die E-Health-Cloud hält alle Datenschutzbestimmungen ein und funktioniert praktisch wie die ePA, die es erst zwei Jahre später gab – und nun kaum genutzt wird.

Kein Gesamtkonzept

Er habe sich damals gedacht, irgendwo müsse es doch funktionieren und eine Lösung geben und sich umgesehen, sagte Thies. Und dann haben sie in Eisenberg einfach gemacht. Es sei ein bisschen deutsch, dass man hierzulande immer alles ganz perfekt machen will. „Wir könnten ja auch einfach mal mit etwas anfangen“, schlug Thies vor.

„Wir haben kein Erkenntnisproblem in Deutschland, wir haben eher ein Umsetzungsproblem“, bestätigte Christian Egle, Partner Leader Healthcare beim Beratungshaus EY für die EMEIA-Region. AOK-Vorstand Stefan Knupfer warf auf der Bühne von Gut Kaltenbrunn ein: „Was derzeit schiefläuft, ist, dass sich keiner die Mühe macht, das Gesamtkonzept richtig aufzustellen.“ Die Zutaten lägen auf dem Tisch, die Herausforderung liege darin, etwas Vernünftiges draus zu machen. Er nahm damit auch Bezug auf eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Danach lassen sich allein in der Verwaltung im deutschen Gesundheitssektor 30 Milliarden Euro einsparen.

30 Milliarden Sparpotenzial

Für Bernd Ohnesorge, Präsident EMEA beim Medizintechnikkonzern Siemens Healthineers, wären Patientendaten auch für die KI-Entwicklung relevant. „Unsere KI-Entwicklung findet hauptsächlich in den USA statt, da dort der Zugang zu den Daten möglich ist“, erklärte er. EY-Manager Egle stimmte zu: „Wenn die Gesundheitsdaten nicht verfügbar gemacht werden, gibt es keine KI.“ Und eine solche KI könnte die 30 Milliarden Euro in der Verwaltung des Gesundheitssektor einsparen.

Für Fresenius-Vorstand Robert Möller geht es derweil vielmehr um eine „Next-Level-Medizin“, wenn man über KI und Gesundheitswesen spreche. „Wir brauchen eine Verbesserung des medizinischen Outcomes“, forderte er auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel. KI sei beispielsweise deutlich besser im Erkennen von bestimmten Befunden bei Endoskopien als der Chirurg. Letzterem könne über die KI dann mitgeteilt werden, dass er an einer bestimmten Stelle noch einmal genauer hinschauen solle.

Durchbruch durch KI

Was alles durch KI in der Medizin möglich wird und teilweise bereits ist, darüber hatte zuvor auch schon Heidrun Irschik-Hadjieff, Vorsitzende der Geschäftsführung von Sanofi Deutschland, gesprochen. Sanofi gehört zu den größten Pharmakonzernen der Welt. „KI habe einen Durchbruch gebracht“, sagte Irschik-Hadjieff. Es ließen sich nun zehntausende Daten am Tag auslesen. Sanofi verwende beispielsweise auch einen „Digital Twin“, einen virtuellen Patienten. So lasse sich ein kompletter Therapieablauf bereits vorab simulieren. Das klingt schon ziemlich nach „Next Level“.

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.

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